Geschichte und Architektur
1876
Georg Howaldt verlagert seinen Werftbetrieb auf das Nordufer der Schwentine und gründet hier die Kieler Schiffswerft.
Die Howaldtswerke 1894 - Foto von Wilhelm Dreesen
1880 - 1884
Die Maschinenfabrik Gebrüder Howaldt (Eigentümer Georg, Hermann und Bernhard Howaldt) wird von Kiel auf das Werftgelände in Dietrichsdorf verlagert. Nach Plänen des Architekten Heinrich Moldenschardt entstehen moderne Industriebauten wie Kesselschmiede und Eisengießerei.
1884
Die Gebr. Howaldt lassen nun auch die Metallgießerei errichten.
1889
Werft und Maschinenfabrik fusionieren zur Howaldtswerft.
1945
Am Kriegsende sind nahezu 80 % der Werftanlagen zerstört. Zu den wenigen funktionsfähig gebliebenen Gebäuden gehört die Metallgießerei.
1956
Vier Schmelzöfen werden von Koks- auf Ölbefeuerung umgestellt. Drei nicht mehr benötigte Öfen werden abgebrochen. Der charakteristische ursprünglich 14 Meter hohe Schornstein wird eingekürzt.
1980
Nach fast hundertjährigem Betrieb wird die Metallgießerei endgültig stillgelegt.
1983
Die Howaldtswerke-Deutsche Werft AG (HDW) schließen das Werk Dietrichsdorf und konzentrieren die Produktion im Werk Gaarden.
1985 - 1990
Die Metallgießerei soll abgerissen und in das geplante Museum für Industrie- und Alltagskultur umgesetzt werden. Dagegen regt sich erheblicher Widerstand im Stadtteil.
1985 - 2001
Nachdem die Stadt Kiel das ehemalige Werftgelände erworben hatte, erfolgt der Abriss der meisten Bauwerke. Es entsteht hier jetzt der Ostuferhafen. Nur die Metallgießerei bleibt als letztes Erinnerungszeichen an die frühere Werft erhalten.
1992
Die Metallgießerei wird in das Denkmalbuch des Landes Schleswig-Holstein eingetragen und steht somit unter Denkmalschutz.
2005
Der Verein INDUSTRIEMUSEUM HOWALDTSCHE METALLGIESSEREI e.V. übernimmt die Metallgießerei. Mit Fördergeldern der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, des Programms URBAN II der Europäischen Gemeinschaft und des Landesamts für Denkmalpflege wird das Gebäude saniert und zu einem Museum ausgebaut.
2007
Am 20. Mai wird das Museum durch Ministerpräsident Peter Harry Carstensen der Öffentlichkeit übergeben.
Die Architektur
Das Gebäude unseres Museums ist wegen seiner besonderen baukünstlerischen Bedeutung als Denkmal geschützt. Es wurde als freistehender gelber Backsteinbau mit roten Zierstreifen über quadratischem Grundriss geplant. Die Fassaden sind von paarweise zusammengefassten, im Hauptgeschoss rundbogig und größer ausgebildeten Fenstern zwischen breiten, vor dem Untergeschoss sockelartig ausgebildeten Lisenen aufgelockert, die Wandflächen mit Gesimsen unterteilt, das Traufgesims in Friesform.
Den oberen Abschluss bildet ein flachgeneigtes pappgedecktes Pyramidendach, darauf ein Lüftungsaufsatz und ein zentraler Schornstein mit ursprünglich sieben Trommelabschnitten. Nach Kriegsschäden in der Umgebung und Abbruch späterer Anbauten ist das Gebäude wieder als Solitär erlebbar.
Der Bau ist das einzige historische Industriebauwerk, das von allen Kieler Werften erhalten blieb.
Planverfasser war der Architekt Heinrich Moldenschardt (1839-91), ein Schüler Sempers und einer der meistbeschäftigten Architekten Kiels und Schleswig-Holsteins in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Er war zugleich einer der wichtigsten Vertreter des Historismus in Norddeutschland und entwarf unter anderem auch das Denkmal für die Gefallenen des Krieges 1870/71 im Kieler Schlossgarten.
Trotz der historisierenden Architektur finden sich in dem Gebäude viele für die damalige Zeit bautechnisch hochaktuelle Erfindungen, so z. B. die Ausbildung der massiv wirkenden Pfeiler als Hohlprofile, die mit Zugankern verstärkte Kappendecke über dem Sockelgeschoss und die Nutzung des zentralen Schornsteins als Auflager der Dachkonstruktion.